M73 – eine Anholter Jugendgruppe, die auch nach 50 Jahre noch in Erinnerung ist

Der März 1973 war für viele damalige Jugendliche ein Meilenstein ihres Lebens. Das bestätigen noch heute einige ehemalige Mitglieder. Grund dafür war die Gründung der Jugendgruppe M73 durch den damaligen Polizeibeamten Günter Lambrecht. Jetzt – 50 Jahre später – erinnert eine Ausstellung im Fenster des Anholter Heimathauses an Jugendgruppe, die als Vorbild für gute Jugendarbeit selbst beim Landtag in Düsseldorf galt. Gezeigt werden Fotos, Zeitungsausschnitte, Mitgliedsausweise und noch vieles mehr.

Karin von Plettenberg-Vallee, Günter Lambrecht Ilke Hakvoort und Christian Hakvoort (v.l.) dachten an die Zeit von M73 zurück (Foto: Frithjof Nowakewitz)

Wie und warum die Jugendgruppe entstand, erzählte der Gründer und Leiter Günter Lambrecht, der zu dem Gespräch extra aus seinem jetzigen Wohnort Krefeld angereist war. Mit dabei waren auch Christian und Ilke Hakvoort, sowie Karin von Plettenberg-Vallee – alles ehemalige Mitglieder der Gruppe.

“Das ist mir dann auf die Füße gefallen”

Günter Lambrecht (Mitte) und die Gruppe freuten sich über eine gut gefüllte Spendenflasche, deren Inhalt für einen guten Zweck gestiftet wurde. (Der Autor des Bildes ist unbekannt)
Günter Lambrecht vor dem Ausstellungsfenster (Foto: Frithjof Nowakewitz)

Die Jugendarbeit lag in den Siebzigern in den Händen der „Katholischen Jugend-Gemeinde (KJG), jedoch war das Angebot der Organisation für die Jugendlichen eher unattraktiv, so dass vielen nur die Straße blieb. Das änderte sich allerdings, als die Polizei im März 1973 zu einem Einsatz zum katholischen Jugendheim gerufen wurde. „Es gab Randale“, erklärte Günter Lambrecht – damals Polizeiobermeister. Letztendlich ging die Sache glimpflich aus und Lambrecht empfahl den Jugendlichen doch eine eigene Jugendgruppe zu gründen. „Das ist mir dann auf die Füße gefallen“, erzählt Lambrecht. Die jungen Leute baten nämlich ihn, den Polizeibeamten, sie bei der Gründung der Gruppe zu unterstützen. Das war die Geburtsstunde von M73.

M73 wuchs rasant

Recht schnell wuchs die Gruppe an, weshalb man geeignete Klubräume suchte. Die KJG hatte mangels Mitglieder ihre Arbeit eingestellt, bot den Jugendlichen aber die Kellerräume des Jugendheimes an. In nur wenigen Wochen hatte man die Räumlichkeiten entsprechend ausgestattet. Ein halbes Jahr später hatte M73 bereits über 50 Mitglieder. Darunter waren auch Christian Hakvoort, seine jetzige Frau Ilke und auch Karin Vallee, jetzt eher bekannt als Geschäftsführerin des Anholter Heimatvereins Karin von Plettenberg-Vallee. Zudem gab es auch Jugendliche aus den benachbarten Niederlanden, die zwar kein Mitglied werden konnten, aber als Gäste willkommen waren.

Berühmte Bands wurden engagiert

Von den vielen Aktivitäten zeugten auch die damaligen Zeitungsbericht

Aufgrund des Besuches von Günter Lambrecht trafen sich die Vier im Heimathaus, um in alten Zeiten zu schwelgen. „Das Beste waren immer die Live-Veranstaltungen in der Stadthalle Werth oder auch im großen Schützenfestzelt, das eine Woche auf der Schneidkuhle stand“, waren sie sich einig. Es gelang 1974 sogar, die Band „Long Tall Ernie & The Sheakers“ aus den Niederlanden für ein Gastspiel zu verpflichten. Wer hätte übrigens zu der Zeit gedacht, dass Karl Buskohl – Gitarrist der niederländischen Band – unter dem Namen Carl Carlton eine steile Karriere hinlegt und seit vielen Jahren als fester Gitarrist Teil der Band von Peter Maffay und Udo Lindenberg ist.

Selbst der Landtag wurde auf die Anholter Gruppe aufmerksam

Es gab Tanzabende im Jugendheim und sogar die damalige Tanzschule Hille aus Bocholt gab dort einen Tanzkurs. „Wer hätte schon ein Schützenfestzelt für eine ganze Woche buchen können“, meinte Lambrecht und Christian Hakvoort fügte hinzu, dass dort Tanzveranstaltungen und auch ein Seniorennachmittag stattfand. Die Gruppe verfügte mit einem Ford Transit sogar über ein eigenes Auto, dass von einigen Leute gesponsort wurde. „Der Knaller war, dass sogar der Jugendausschuss des Landtages M73 als Mustergruppe zu fördern wollte“, erklärte Lambrecht. Sicherlich auch deshalb, weil es strenge Regeln gab. “Bereits das rufschädigende Verhalten in der Öffentlichkeit wurde innerhalb der Gruppe bestraft”, heißt es in einer 30 Jahre alten Pressemitteilung.

Interessierte Besucher schauen sich das M73-Fenster an (Foto: Frithjof Nowakewitz)

M73 ist noch heute vielen Anholtern ein Begriff

„Das entscheidende war, dass mit Günter ein Polizeibeamter die Gruppe leitete, da hatten die Eltern eben Vertrauen, dass ihre Kinder in guten Händen waren“, erklärte Ilke Hakvoort und ihr Mann Christian ergänzte, dass das in der heutigen Zeit in der Art überhaupt nicht mehr möglich wäre. Aufgrund privater und beruflicher Veränderungen von Lambrecht übernahm dann die damalige Karin Vallee die Leitung der Gruppe. Aber auch dort ging irgendwann das Berufliche vor. „So schlief das Gruppenleben nach sechs Jahren so langsam ein“, meinte Christian Hakvoort. Aber diese Zeit ist offensichtlich noch vielen Anholtern ein Begriff, denn immer wieder bleiben Leute am Fenster des Heimathauses stehen, um sich die Ausstellungsstücke anzuschauen. Geplant ist jetzt, dass es vielleicht im Sommer ein Treffen aller ehemaligen Mitglieder von M73 geben soll.