Biotop an der Bocholter Aa einfach abgeholzt – Angler bezeichnen das Vorgehen als skandalös

Der Anblick schockiert Angler, Naturschützer und Spaziergänger gleichermaßen. In einer unangekündigten Aktion wurde in dieser Woche an der Bocholter Aa auf Höhe der Brüggenhütte und der Rote Spieker Staue die Rodung von kompletten Biotopen durchgeführt.

Mitglieder des Anholter Angelsportvereins sind entsetzt (Foto: ASV)

Der Anblick, der sich dem Beobachter bietet, ist in der Tat erschreckend: Wo direkt hinter der Brücke in Richtung Suderwick bis vor kurzem noch Bäume und Sträucher vielen Tieren Schutz und Nahrung boten, liegen nun nur noch unzählige Baumstümpfe frei. Die Mitglieder des Anholter Angelsportvereins sind fassungslos: „Was hier passiert, ist ein Skandal. Das war ein beliebter Treffpunkt für Fotografen, die seltene Vögel, wie zum Beispiel den Eisvogel ablichten konnten. Unter den hier stehenden Büschen hatte sich eine Vielzahl von Fischen zum Schutz vor Räubern niedergelassen,“ erklärt Michael Kemper, Vorsitzender des Anholter Angelsportvereins (ASV) und über 20 Jahre lang mit der Bocholter Aa vertraut. „Wir haben hier alles daran gesetzt, den Fischbestand zu hegen und zu pflegen.“ Und der hat sich in der letzten Zeit gut entwickelt, wie eine kürzlich vom LANUV durchgeführte Fischzählung ergeben hat.

Schlimmer Zustand der Bocholter Aa wird sich dramatisch verschlechtern

Bereits 2019, als die Anholter Angler bei extremen Niedrigwasser hunderte Fische vor dem Erstickungstod retteten, fasste ein Vertreter der Bezirks-Regierung den bereits damals erschreckenden Zustand der Bocholter Aa zusammen: „Die Situation an der Bocholter Aa ist jedoch extrem verkorkst (fehlende Durchgängigkeit, Wasserentzug aus dem Hauptgewässer, zunehmende Eutrophierung durch Stauhaltungen, fehlende Beschattung). „Und diese Situation wird sich nun mit der Abholzung dieses Biotops weiter verschärfen. Aus Gründen des Hochwasserschutzes soll aus diesem bei Anglern, Spaziergängern und Naturfreunden beliebten Gebiet ein strukturloser Kanal gemacht werden,“ so Kemper weiter. “Die Gehölze befanden sich dabei nicht auf dem Deichkörper, sondern in der Aue, unmittelbar am Fluss. Bei den ständig runtergebeteten Folgen des Klimawandels und den immensen Kosten und Anstrengungen für Renaturierungen an anderer Stelle nun der Bocholter Aa auch noch die wenigen Gehölze zur Beschattung zu nehmen, ist nicht nachvollziehbar.“

Uferböschung der Einfachheit halber als „Deich“ deklariert

„Gesprochen mit uns oder gar aufgeklärt hat uns keiner, also haben wir auf eigene Faust recherchiert“, so der Vorsitzende. Aus Gründen des Hochwasserschutzes soll die Uferböschung seitens der Bezirksregierung als Deich deklariert worden sein und ein Deich dürfe keinen wurzelnden Bewuchs haben. Deswegen mussten die Bäume nach Jahrzehnten des Wachstums nun komplett fallen. Der Unmut der Angler ist groß: „Wir vermuten, anstatt ein vernünftiges Hochwasserschutzkonzept aufzusetzen und die europäischen Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, bei der man schon über 5 bis 10 Jahre hinterherhinkt, deklariert man die Böschung kurzerhand einfach zum Deich und spart sich dann ein nachhaltiges Konzept. Dass dafür dann die Bäume fallen müssen, hat man billigend in Kauf genommen. Beim Roden fällt dann alles unangekündigt innerhalb weniger Tage, wo an anderer Stelle Unmengen an Geld für die Renaturierung von Flüssen
ausgegeben wird.“ Bei zukünftigen Niedrigwasserständen führt die nun fehlende Beschattung zu einem Anstieg der Wassertemperatur im Gewässer. Die erhöhte Temperatur sorgt für eine geringere Verfügbarkeit von Sauerstoff im Gewässer, zeitgleich erhöht sich der Sauerstoffbedarf- und verbrauch der Fische im Gewässer. Ein Teufelskreis, der im schlimmsten Fall ein Massenfischsterben auslösen kann. Des Weiteren begünstigt eine Erhöhung der Wassertemperatur den Ausbruch und Verlauf
einiger Fischkrankheiten.

Vorgehen ist unprofessionell und bürgerunfreundlich

„Vermutlich hätte man den Protest, den wir als Pächter und damit Hauptnutzer dieses Gewässers nun öffentlich führen, vermeiden können, wenn es seitens der Behörden den Ansatz einer Information im Vorfeld gegeben hätte. Ein solch geheimes Vorgehen ist unprofessionell und in höchstem Maße bürgerunfreundlich,“ so der sichtlich verärgerte Vorsitzende der Anholter Angler.“